Das Leben ist voll von interessanten Windungen und Wendungen, Geschichten und Begegnungen. Mal werden wir in einer erwünschten Dynamik mitgerissen oder gestalten unsere Erlebnisse weitestgehend gemäss unseren Bedürfnissen, mal werden wir von den Ereignissen überrollt und geraten ebenso rasch in herausfordernde Momente, bei denen sich die Dinge rascher verändern als dass wir darauf Einfluss nehmen könnten. Das Erleben, Gestalten und Überwinden von solchen Ereignissen bilden unsere (Lebens-) Erfahrung. Der Anfang aller Erfahrung zwischen Menschen ist die Begegnung.

Jeder Begegnung wohnen eine Neugier, eine Hoffnung und ein Potenzial inne, die uns auf die grössten Möglichkeiten, die sich daraus ergeben mögen, hoffen lassen. Wenn sich Menschen spontan begegnen, entsteht eine solche Hoffnung ebenso rasch, wie die Begegnung zustande gekommen ist. Manche Begegnungen sind von langer Hand geplant und hochgradig zweckmässig.

An jenem 14. Oktober 2019 war es genauso und zugleich ganz anders. Anstatt einer spontanen Begegnung haben sich neun Personen im Landgasthof Riehen mit einer Neugier, Hoffnung und dem Vertrauen auf ein Potenzial versammelt, etwas Gemeinsames zu erschaffen und fortan einen gemeinsamen Weg zu gehen. Es sollte ein Weg werden, der Menschen zusammen- und gemeinsame Lösungen hervorbringt. Ein Weg, der deren ureigene Anliegen ebenso respektiert wie er sie in die gemeinsame Arbeit einzubinden vermag. Ein Weg, wo ein neuer, gemeinsamer Weg entsteht. Ein Weg zu einer Lösung. In diesem Falle, ein Weg zu einer Gemeinschaft, die in Zukunft solche Wege für Ihre Klientinnen und Klienten mitgestalten ersucht.

Der erste Impuls dazu ist zwar bereits früher entstanden, als Katja und Regula an der Jahresversammlung des SDM die Idee hatten, einen Verbund von Mediatorinnen und Mediatoren zu gründen. Konkret wurde die Idee aber erst, als sich zusätzlich Annette, Dieter, Monika, Reto, Susanne, Timon und Tomas an jenem Abend eingefunden haben, und voller Erwartung den ersten Erzählungen lauschten.

In einem wohligen Beisammensein wurde die Neugier, die Hoffnung sowie das Potenzial eines gemeinsamen Weges geweckt und bildete fortan das Fundament der weiteren Zusammenarbeit. Schnell wurden erste Abklärungen getroffen und weitere Ideen entworfen. Und dann kam alles anders.

Was zu Beginn des Jahres 2020 noch weit weg schien, hat plötzlich die Weltgesellschaft erreicht. Was wie ein dunkler Code anmutet, wurde plötzlich für alle Wirklichkeit. Sars CoV-2. Umgangssprachlich besser bekannt als Coronavirus. Corona also. Eine Krone. Keine Insignie der Macht. Auch kein astronomisches Phänomen. Ebenso wenig prickelnder Gerstensaft. Ein tückischer, unsichtbarer und nicht weniger gefährlicher Virus…

In Zeiten, als sich der Einfluss auf unser gesellschaftliches Leben schlagartig geändert hat, keimte ebenso plötzlich ein anderes Potenzial auf. Mit der Hoffnung auf eine Begegnung, als Antwort auf Social Distancing, bildeten sich fortan digitale Gemeinschaften und auf digitalen Medien verlagerte Begegnungen und Beziehungen, Momente der Neugier, Hoffnung und der Potenziale, mittels Computern verbundene Erfahrungen. Social Distancing wurde zum Physical Distancing umgedeutet, um diesen Bedürfnissen und der neuen Realität Rechnung zu tragen.

Trotz (oder vielleicht dank?) Corona haben wir uns zuerst auf unsere privaten und beruflichen Herausforderungen besonnen und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Arbeit am gemeinsamen Weg aufgenommen. Wir lassen uns von so einem schemenhaften Etwas nicht vom Weg abbringen! Dann führen wir den gemeinsamen Weg auf neuen Pfaden weiter. Digital. Physisch getrennt, in der Neugier, der Hoffnung und dem Vertrauen auf Potenziale vereint.

Dieser neue Weg musste sich erst bahnen. Nach technischen Wirrungen und noch entschlosseneren Lernmomenten haben wir es geschafft. Zwei Wochen nach der virusbedingten Schliessung der meisten gesellschaftlichen Handlungsräume, Neu-Deutsch auch Lockdown genannt, waren wir wieder am Start. Voller Hoffnung. Und mit Doris, Erica und Petra sogar mit Zuwachs! Unsere Gemeinschaft ist auf zwölf Mitglieder gewachsen. Allen Umständen zum Trotz!

In dieser Zeit haben wir die Leitplanken unseres gemeinsamen Weges gelegt. In einer Gemeinschaft, in der alle ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren oder Coaches sind, ist ein gemeinsamer Fokus ebenso offensichtlich. Was ganz unscheinbar in jenem Herbst 2019 seinen Anfang nahm, kam in der Corona-Zeit zur Entfaltung. Eine heterogene Gemeinschaft von Mediatorinnen/Mediatoren, Coaches und ergänzend auch Organisationsentwicklerinnen/Organisationsentwicklern.

Der Weg nahm eine konkrete Form an. Ein Verbund von Professionellen, die Begegnungen von Menschen mit sich und hinsichtlich ihrer Herausforderungen gestalten. Ein Verbund, der Menschen befähigt, Ihre eigenen, neuen Wege beschreiten, neue Perspektiven entwickeln zu können. Und im Falle von konfliktreichen Auseinandersetzungen, eine einvernehmliche Einigung, ein neues Vertragen ermöglichen zu können.

Und wie aus dem Nichts tauchte auch der Name auf (wem gebührt eigentlich der Beifall?). FAIRTRAGEN… So simpel. So ausdrucksstark. So absichtsvoll. Wir gestalten zusammen mit unseren Klientinnen und Klienten neue, gemeinsame Wege des Vertragens und schärfen den Blick für neue Perspektiven.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und jedes Unterfangen bedarf eines formalen Aktes. Um der Idee von FAIRTRAGEN die nötige Kraft zu verleihen, haben wir die Gründung eines Vereins ins Auge gefasst. Und damit diese Gründung nicht alleine aus digitalen Meetings heraus geschehen möge, haben wir uns auf einen Workshop bestehend aus Team- und Organisationsbildung festgelegt. Mit Alfred Haug hat uns ein Mediations-Kollege unterstützt, damit alle FAIRTRAGEN-Mitglieder sich voll und ganz auf den Prozess einlassen konnten.

Der Workshop und Gründungsevent fanden am 13.6.2020 im Strytgärtli des Basler Ruder-Clubs statt. Voller Erwartung haben sich die designierten Vereinsmitglieder an jenem Samstag eingefunden. Für Verpflegung war gesorgt, das Material bereitgestellt, die Blicke der Teilnehmenden erwartungsvoll. Es konnte losgehen. Wäre da nicht dieses Donnerwetter! Als ob die Veranstaltungsinformation nicht bis zu Petrus durchgedrungen wäre, sammelten sich bereits erste Wolken am Himmel. Noch blieb es ruhig.

Ab in die erste Einheit. Nach einer kurzen Begrüssung und soziometrischen Aufstellung ging es auch schon mit der Teambildung los. Wir haben uns den Vormittag Zeit genommen, um uns als Einzelpersonen kennenzulernen und von unseren vielfältigen Stärken, Interessen, Fähigkeiten und Erwartungen zu erfahren. Dies war der erste Moment, in welchem wir uns vollständig wahrnehmen und kennenlernen konnten. Es standen so viele Fragen und Neugier im Raum, die es auf diesem Wege zu klären bedurfte. Nachdem aber die Interessen, Bedürfnisse und Angebote jedes Einzelnen offengelegt wurden, konnten wir in die wohlverdiente Mittagspause gehen.

Ein Blick auf den Himmel verhiess nichts Gutes. Nach einigen optimistischen Phasen des Morgens braute sich da oben einiges zusammen. Bedrohliche Wolken machten sich breit und hielten die Spannung, wann es so richtig losdonnert, aufrecht. Noch blieb es trocken.

Die mittägliche Verpflegungspause wurde nebst Nahrungs- und Energiezufuhr auch für entspannte und euphorisierte Zwiegespräche rund um die aufgeworfenen Themen genutzt. Den anfänglich vorsichtigen Blicken zu Beginn des Tages folgten nun entspannte, fröhliche und zuversichtliche Gesichtsregungen. Es schien so, als ob jede und jeder zumindest kurz schon die Möglichkeit erhalten habe, sich mit allen Personen auszutauschen.

Der Nachmittag stand dann im Zeichen von Organisationsthemen, die am Vormittag herausgearbeitet worden sind. Wir haben uns der Themen «Organisation, Zusammenarbeit, Struktur, Akquise und Zeit» vorrangig angenommen, da sie uns für den Start am Wichtigsten zu sein schienen. Unter grosszügiger Mithilfe von Erica haben wir mit Design Thinking insgesamt drei Gestaltungsrunden rund um die jeweiligen Themenfelder durchgeführt. Auf ausgearbeitete Vorschläge, die in Dreiergruppen formuliert wurden, folgte jeweils ein Austausch im Plenum, wodurch Feedback und weiterführende Ideen aller eingefangen wurden. Anschliessend wurde in der Kleingruppe wieder gebrütet, dann wieder rückgemeldet und zum Schluss der erarbeitete Zwischenstand fertiggestellt.

Im letzten Teil, nachdem wir Fredi verabschiedet haben, wandten wir uns noch den offenen Themen und nicht zuletzt der Vereinsgründung zu. Nach monatelanger Gründungsphase war es dann gegen 17.00 Uhr soweit. In einer kurzen und entschlossenen Abstimmung wurde der Gründung durch alle Anwesenden, also ab sofort Vereinsmitgliedern, zugestimmt. Der Verein FAIRTRAGEN erblickt nun offiziell das Licht der Welt! Als ob Petrus die Dramaturgie noch etwas verstärken wollte, setzte nun auch der angekündigte Trommelwirbel in Form von Donnergrollen und starkem Niederschlag ein. Das Donnerwetter war also die tonale Untermalung unseres Gründungsaktes!

Nun wurden auch die ersten Rollen verteilt. Wie von Zauberhand standen Regula und Reto als gewähltes Co-Präsidium fest. Monica hat sich bereiterklärt, die Finanzen an sich zu nehmen. Die ersten Ämter waren verteilt. Weitere Aufgaben sollen zu einem späteren Zeitpunkt definiert werden. Danach war die Luft etwas raus. Mit dem einsetzenden Starkregen und der Einigung auf das weitere Vorgehen, verabschiedeten wir uns voneinander und liessen den Samstag im privaten Rahmen ausklingen.

Da sind wir nun! FAIRTRAGEN. Ein Kollektiv von erfahrenen und ambitionierten und am gemeinsamen Unterstützen von Personen, Unternehmen und anderen Körperschaften mittels Mediation, Coaching und Unternehmensentwicklung interessierten Professionellen. Seither haben wir intensiv an unserer Webseite und Flyer inhaltlich und gestalterisch mithilfe von Ilona von f-ektiv GmbH gearbeitet. Die Flyer und Visitenkarten sind seit Kurzem in ihrer vollen Pracht vorhanden und von unserer Co-Präsidentin Regula feinsäuberlich ausgeliefert worden.

In der Sommerpause besteht nun also die Möglichkeit, entweder die ganze Angelegenheit mal etwas ruhen zu lassen, der Erfolg auszukosten und sich dem Familienurlaub zu widmen. Andere nutzen die Zeit, um bereits mächtig die Werbetrommel zu rühren. So gelangen die Nachrichten um die Gründung und die Zwecksetzung des Vereins FAIRTRAGEN allmählich in die Öffentlichkeit. Mit dem Aufschalten der Webseite erhalten wir auch im digitalen Raum Präsenz. Ab August stehen dann die nächsten Treffen und Entscheidungen an, in welchen wir den gemeinsamen Weg weiterbahnen werden.

Die Zeit wird zeigen, wie wir fortan nicht nur unsere eigene Neugier, Hoffnung und Blick für das eigene Potenzial bewahren, sondern auch erfolgreich in die Gesellschaft, in die Bedarfsgruppen und die Menschen, die für sich und andere gewichtige Herausforderungen zu meistern gedenken, tragen. Wir sind herausgefordert, den von uns eingeschlagenen Weg von nun an auch anderen zukommen zu lassen und mit ihnen gemeinsam weiter zu wachsen.

Aller Anfang ist sprichwörtlich schwer. Wir haben Corona trotzen können und unsere Wege verfolgen können, an dessen vorläufigem Ende die Vereinsgründung stand. Es hat Mut, Energie, Weitblick und Zuversicht gebraucht. Von allem ein bisschen. Und doch hat es eines ganz besonders gebraucht. Es braucht den Nährboden für Beziehung und für gemeinsames, einvernehmlichen Gestalten einer erwünschten Zukunft. Es braucht die Willensbildung, etwas entstehen zu lassen, denn aller Anfang ist Begegnung.

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